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Massenmord? Menschenopfer? Kannibalismus? Der jungsteinzeitliche Ritualort von Herxheim (Pfalz)

Mittwoch · 31.01.2024 · 18:00 Uhr
Dr. Andrea Zeeb-Lanz (Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Speyer)
kelten römer museum manching · Im Erlet 2 · D-85077 Manching

Die Siedlung mit Doppelgraben der jungsteinzeitlichen Bandkeramik-Kultur bei Herxheim ist wohl zurzeit der bekannteste und zugleich rätselhafteste Fundort des Frühneolithikums in Europa. Und auch nach Erscheinen von zwei Forschungsbänden wird Herxheim in der Wissenschaft weiterhin kontrovers diskutiert.

Hier hatte man am Ende des 6. Jahrtausends v. Chr. mehr als 1000 Menschen getötet, zerlegt und ihre Knochen letztlich in kleine Fragmente zerschlagen. Die Schädel erhielten eine besondere Behandlung, indem die Schädeldächer zu schalenförmigen Artefakten zugerichtet wurden. Vergesellschaftet mit den menschlichen Überresten, von denen mehr als 80.000 Fragmente dokumentiert wurden, waren eine erhebliche Menge verzierter Keramik – ebenfalls intentionell zerstört – sowie zerschmetterte Steingeräte und weitere Artefakte. Der Ort wird als frühneolithische Ritualstätte interpretiert, an der möglicherweise spezielle Menschenopfer stattfanden.

Im reich bebilderten Vortrag werden auch die kontroversen Interpretationsansätze angesprochen. So ist die populärste Gegenthese zu Menschenopfern ein umfassender, vielleicht kultisch geprägter Kannibalismus. Aber auch die Vorstellung von mehrstufigen Bestattungen, bei denen »ancestors« jeden Alters wieder ausgegraben und dann in Herxheim gemeinschaftlich manipuliert und erneut – vielleicht auch nur in Teilen – bestattet wurden, ist als Narrativ neuerdings wieder im Gespräch. Neben der Frage der Gesamtinterpretation gibt es aber auch im Detail noch zahlreiche ungelöste Rätsel in Herxheim, die von der Referentin angerissen werden.

Die Dauerausstellung ist am 31.01.2024 bis zum Beginn der Veranstaltung geöffnet. Eine Anmeldung zum Vortrag ist nicht erforderlich.

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